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Romance-Autorin

Adriana Kritter

GET AWAY & DON'T LOOK BACK...

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Lesen Sie die ersten Kapitel von Band 1!

1.

 

New York, heute

14:37 Uhr. Ich beobachte die Gesichter: keiner der Reisenden wirkt verdächtig. Ich atme etwas leichter, trotz der schwülen Hitze in der überfüllten Halle. 99° Fahrenheit sind im September eine Seltenheit.

Die Luft ist gesättigt mit einem Geruch nach verbranntem Gummi und Schweiß, der mir Übelkeit bereitet. Meine Perücke kratzt und mein Make-up beginnt zu verlaufen. Hoffentlich hält es noch ein bisschen!

14:45 Uhr. Die Türen öffnen sich. Endlich!

Plötzlich ertönt ein Schrei hinter mir. Ich zucke zusammen, mein Herz rast.

Nichts Ernstes, nur der Protest eines Passagiers, der angerempelt wurde. Ich atme tief ein und versuche, die Welle der Angst, die mich überrollt, unter Kontrolle zu halten. Dann stütze ich mich auf meinen Gehstock, um aufzustehen, wobei ich mein Zittern nur mühsam unterdrücken kann. Mit der anderen Hand packe ich den Griff meines Koffers und reihe mich in die Schlange ein. Nachdem er mein Ticket abgestempelt hat, stellt der Greyhound-Mitarbeiter mein Gepäck in den Frachtraum. Ich gehe mit müden Schritten zur Tür des Busses.

»Kann ich Ihnen behilflich sein?« fragt mich ein Mann in den Vierzigern zuvorkommend.

»Gerne! sage ich mit zitternder Stimme. In meinem Alter wird alles so schwierig!« Er reicht mir die Hand. Dank seiner Hilfe kann ich die drei Stufen mit Leichtigkeit erklimmen. Aber nicht ohne zu stöhnen und das Gesicht zu verziehen. Ich muss nicht simulieren, denn mein linker Arm ist noch immer empfindlich.

Auf jeden Fall funktioniert meine Verkleidung. Cassandra ist genial! Mit ihrer Schminkpalette könnte sie Schneewittchen in einen Märchenprinzen verwandeln und diesen in ein hässliches Monster.

Mich hat sie zu einer alten Frau gemacht. Nachdem sie mir eine graue Perücke und falsche Zähne verpasst hatte, betonte sie meine Augenringe mit Lidschatten und zeichnete Falten auf meine Wangen. Dann kümmerte sie sich um meine Hände. In einer Viertelstunde bin ich von 21 auf 70 Jahre gealtert.

Ich setze mich vorn in den Bus. Von hier aus kann ich die Leute sehen, die einsteigen. Sie scheinen alle harmlos zu sein. Ich schicke ein Stoßgebet zum Himmel.

15:02 Uhr. Wir fahren los. Ich lasse mich in den Sitz sinken und seufze erleichtert auf. Die erste Etappe verläuft problemlos.

Das Gewitter bricht gerade los, als wir Manhattan auf der Schnellstraße verlassen. Ich sehe die Straßen durch das mit Regentropfen gesprenkelte Fenster vorbeiziehen. Es ist, als würde ich sie durch meine Tränen hindurchsehen, nur dass ich keine mehr habe, ich habe sie schon alle vergossen.

Das Pärchen vor mir unterhält sich zärtlich flüsternd über seine erste Begegnung. Auch für mich war vor zwei Jahren alles wie in einem Traum gelaufen …

Ich war länger als geplant in der Galerie geblieben, da die Fotos, die wir ausstellen sollten, zu spät geliefert worden waren. Ich konnte es kaum erwarten, den Laden zu schließen und so schnell wie möglich zu Cassandra zu gehen. Wir hatten uns schon ewig nicht mehr gesehen. Und wir hatten ein volles Programm: »Sydney«, hatte sie angekündigt, »jetzt, wo ich wieder da bin, ist es Zeit, zur Sache zu kommen. Heute Abend werden wir unseren Traumprinzen finden!«.

Als ich aufstand, um zu gehen, flog die Glastür auf und eine tiefe Stimme ertönte: »Hallo!«.

Vor Überraschung ließ ich meine Handtasche auf den Boden fallen. Als ich mich umdrehte, sah ich einen Mann in den Dreißigern in einem Smoking und Lackschuhen. Mit seinem lächelnden Gesicht, den durchdringenden blauen Augen und den unwiderstehlichen Grübchen sah er aus wie ein Engel.

»Sie müssen mir das Leben retten!«, rief er.

»Ich habe nicht den Eindruck, dass es in Gefahr ist«, sagte ich genervt und bückte mich, um meine Sachen aufzuheben.

»Das liegt daran, dass Sie meine Mutter nicht kennen!« antwortete er und ging in die Hocke, um mir zu helfen. »In fünfzig Minuten beginnt ihre Geburtstagsparty und wenn ich mit leeren Händen komme, wird sie mich klein hacken und die Stücke ins Feuer werfen!«

»Und das fällt Ihnen erst jetzt ein? Wenn man eine Psychopathin zur Mutter hat, trifft man Vorsichtsmaßnahmen!«

Verwirrt über meinen scharfen Ton und meine bissige Wortwahl hob der Playboy eine Augenbraue.

»Ich habe ihr Geschenk schon vor Wochen gekauft«, erklärte er und schenkte mir sein schönstes Lächeln. Eine seltene Ausgabe von Anna Karenina! Ich habe sie sorgfältig verpackt, alles war unter Kontrolle! Nur, dass ich das Paket im Taxi vergessen habe...«

Als ich seinen missmutigen Gesichtsausdruck sah, konnte ich nicht anders, als in schallendes Gelächter auszubrechen.

»Haben Sie den Fahrer angerufen?«

»Natürlich, aber er bringt einen Kunden ans andere Ende der Stadt. Ihre Galerie ist der einzige Ort in der Nachbarschaft, an dem ich noch ein Geschenk besorgen kann. Bitte!«

Wenn ich mich weigerte, würde ich diesen Mann seinem schrecklichen Schicksal überlassen. Doch so attraktiv er auch war, ich wollte nicht, dass Cassandra ungeduldig wurde. Ein Blick auf die Uhr bestätigte mir, wie schnell die Zeit verging.

In diesem Moment kniete der Apoll vor mir nieder.

»Ich flehe Sie an, mein Leben liegt in Ihren Händen!«

Ich war von seiner besorgten Miene und seinen flehenden Augen so gerührt, dass ich keine Gegenwehr mehr leisten konnte. Sein Lächeln gab mir den Rest.

»Was erwarten Sie von mir? Hier verkaufen wir keine russischen Romane aus dem 19. Jahrhundert!«

Sofort stand er wieder auf und drückte mir fest die Hände.

»Sie sind so liebenswürdig!«, rief er aus, ohne zu bemerken, wie sehr mich der Kontakt mit seiner Haut berührt hatte. »Dann eben kein Buch, sondern Kunstfotografie! Ich verlasse mich auf Ihr Fachwissen.«

»Lassen Sie mich nachdenken«, sagte ich also und versuchte, mir seine Mutter vorzustellen. Vor meinem inneren Auge sah ich eine herrische, arrogante Frau mittleren Alters, die in einer luxuriösen Wohnung in der Fifth Avenue lebte.

»Ich hab‘s!«, rief ich plötzlich. »Sie haben Glück.«

»Davon bin ich überzeugt«, antwortete er und blickte mir tief in die Augen.

Ich bemühte mich, meine Verwirrung zu verbergen und führte ihn mit schnellen Schritten quer durch die Galerie bis zu einer Landschaft in luftigen Pastellfarben.

»Die Künstlerin hat die Zartheit der Seerosen und die geheimnisvolle, betörende Abendstimmung eingefangen. Was halten Sie von diesem Bild?«

»Wunderbar!«, sagte er und blickte mich dabei an.

Meine Wangen färbten sich rot. Seine anspielungsreiche Betonung und seine doppeldeutigen Bemerkungen verwirrten mich, ich war es nicht gewohnt, zu flirten. Die Männer, die ich gekannt hatte, hielten sich nicht mit schönen Worten auf.

Er wandte dem Foto den Rücken zu und kam auf mich zu.

»Sie haben die Gabe, die Menschen zu verstehen, und sind sehr sensibel. Sind Sie selbst Künstlerin?«

»Ich? Aber nein!«

Unter seinem festen Blick fühlte ich mich schließlich genötigt zu murmeln:

»Ich mag Fotografie.«

»Das habe ich mir gedacht! Ich wette auch, dass Sie sich gerne hinter Ihrem Apparat verstecken.«

Seine Scharfsinnigkeit machte mich plötzlich unbehaglich.

»So viele Fragen! Ich dachte, Sie hätten es eilig...«

Er brach in ein fröhliches Lachen aus.

»Ich höre auf mit meinem Verhör. Erzählen Sie mir von dem Foto!«

Erleichtert, dass er das Thema wechselte, erklärte ich:

»Die Künstlerin ist im Kommen. Ihr Wert steigt stetig.«

»Sehr gut! Und ihre Preise?«

Ich zog eine leichte Grimasse.

»Die sind entsprechend...«

»Perfekt! Meine Mutter wird das Foto lieben und vor ihren Freundinnen damit angeben, während sie Champagner trinkt. Ich nehme es!«

Zufrieden, dass ich richtig getroffen hatte, nahm ich das Foto von der Wand. Ich trug es zum Verkaufstisch und verpackte es vor den Augen seines zukünftigen Besitzers, was meine Fingerfertigkeit ein wenig beeinträchtigte. Als ich ihm das Päckchen überreichte, sagte ich:

»Sie sollten sich beeilen, es ist bereits 20:15 Uhr.«

Er seufzte und fügte gut gelaunt hinzu:

»Als ich hier eintrat, wusste ich nicht, dass ich meinem Schutzengel begegnen würde. Dank Ihnen werde ich die nächste Stunde überleben. Sie verdienen meine ewige Dankbarkeit!«

Er begleitete seine Worte mit einem so rührenden Lächeln, dass ich dahinschmolz, dann ging er mit dem Rahmen unter dem Arm weg.

Als ich Cassandra traf, schlürfte sie gerade einen Cocktail und wehrte die Annäherungsversuche eines schnurrbärtigen Mannes ab, der viel unternehmungslustiger als attraktiv war. Meine Ankunft gab ihr den Vorwand, um ihn kurzerhand wegzuschicken.

»Da bist du ja endlich!«, rief sie aus und umarmte mich. Dann ließen wir uns in den bequemen Sesseln nieder und rückten näher zusammen, um uns besser verstehen zu können. Die überfüllte Bar war voll von Musik und lebhaften Gesprächen.

»Während ich auf dich gewartet habe«, sagte Cassandra mit gespielt ärgerlicher Miene, »musste ich zwei Märchenprinzen abweisen.«

»Sicher!«, antwortete ich und brach in schallendes Gelächter aus. »Ich weiß genau, wann du Mist erzählst!«

»Und ich weiß genau, wann du nicht in deinem normalen Zustand bist. Da es nicht an Alkohol oder Drogen liegen kann, ...«

Ich errötete unter ihrem forschenden Blick.

»Du hast einen getroffen!«

Ich ließ mich nicht lange bitten, alles zu erzählen. Am Ende meiner Erzählung stieß Cassandra einen Schrei aus, der die Aufmerksamkeit eines Großteils der Kundschaft auf sich zog.

»Immer mit der Ruhe!«, sagte ich leise. » Ich kenne ihn kaum. Aber er ist süß. Vielleicht sogar ein bisschen mehr als das ...«

»Zum Anbeißen?«

Ich murmelte ein schüchternes »Ja«. In unserem Liebesbarometer war »zum Anbeißen« zwischen »süß« und »unwiderstehlich« angesiedelt. Die Stufe »Atombombe« auf dem ersten Platz war nur einmal von einem Schweden mit explosivem Temperament erreicht worden, dem Cassandra erlegen war. Ich selbst hatte nur die Noten »zum Kotzen« und »banal« vergeben.

»Könnte er bis ›unwiderstehlich‹ gehen?«, fuhr sie fort und zitterte vor Aufregung.

»Da bin ich bin mir ganz sicher!«

2.

 

Am nächsten Tag musste ich immer wieder an ihn denken. Ich hatte wohl geträumt: Jemanden, der so schön und sinnlich war, gab es nur im Märchen! Dennoch fühlte ich mich nicht nur von seinem Aussehen angezogen. Sein Scharfsinn hatte mich verunsichert. Noch nie hatte sich ein Mann die Mühe gemacht, mich so anzusehen und mir zuzuhören. Ich hatte das beunruhigende Gefühl, dass er mich wirklich sah.

Auch wenn es nicht viel zu sehen gab ... Ich war schließlich nur eine etwas gewöhnliche junge Frau, weder klein noch groß, weder schön noch hässlich, die in einer Galerie arbeitete, um ihr Journalismusstudium zu finanzieren, und die sich tatsächlich hinter ihrer Kamera versteckte, um sich vor dem Leben und seinen Verletzungen zu schützen.

Den ganzen Tag lang schaute ich voller Hoffnung durch das Schaufenster; ich beobachtete mit klopfendem Herzen die Passanten und überwachte die Straße. Aber dann war es Zeit, die Galerie zu schließen und ich musste mir eingestehen, dass es den Märchenprinzen nicht gab. Ich verließ die Galerie und trat in die kühle, dunkle Nacht hinaus.

»Guten Abend!«, ertönte plötzlich eine Stimme hinter mir.

Seine Stimme.

Ich zuckte zusammen. In ein bernsteinfarbenes Licht getaucht stand ER lässig an einen Laternenpfahl gelehnt. Er trug einen dunkelblauen, perfekt geschnittenen Anzug, der seine Schultern betonte, und ein weißes Hemd mit halboffenem Kragen. Sein Lächeln brachte mich um den Verstand.

»Sie haben überlebt!«, gelang es mir zu sagen.

»Meine Mutter hat betont, dass ihr mein Geschenk ausnahmsweise einmal gefiel. Ich schulde Ihnen mein Leben!«

Ich war froh, dass ich im Lichtschatten stand; so konnte er nicht sehen, dass ich wie ein kleines Mädchen errötete.

»Hier!«, rief er plötzlich und reichte mir ein Paket, dessen Goldpapier im Licht der Straßenlaterne funkelte.

Erstaunt stand ich regungslos da. Er ließ nicht locker:

»Das ist für meinen Schutzengel!«

Um das Geschenk entgegenzunehmen, musste ich den Schutz der Dunkelheit verlassen. Vielleicht war das der Zweck? Verwirrt nahm ich es an mich. Wahrscheinlich ein Buch.

»Anna Karenina?«

Er nickte.

»Das kann ich nicht akzeptieren!«

»Aber natürlich können Sie das! Sie haben mir das Leben gerettet. Wenn Sie ablehnen, werde ich so verzweifelt sein, dass meine Mutter Sie zur Rechenschaft ziehen wird. Und glauben Sie mir, niemand auf dieser Welt will das!«

Da mir kein Argument mehr einfiel, gab ich schließlich auf. Ein strahlendes Lächeln erschien auf seinem Gesicht und ich war überwältigt. Wie könnte man zu so einem Mann nein sagen?

»Öffnen Sie es!«, befahl er mir.

Nachdem ich die Bänder gelöst und das Goldpapier entfernt hatte, entdeckte ich eine perfekt erhaltene Originalausgabe, ein wahres Meisterwerk. Viel zu teuer! Viel zu luxuriös für mich!

»Stopp!«, rief er. »Sie ändern Ihre Meinung und das macht mich unendlich traurig.«

Er konnte tatsächlich meine Gedanken lesen!

»Ich glaube, ich höre meine psychopathische Mutter«, fügte er in einem gespielt besorgten Ton hinzu und hielt eine Hand an sein Ohr.

Ich fand ihn unwiderstehlich.

»In diesem Fall«, sagte ich und drückte das Buch an meine Brust, »danke!«.

»Was für eine Erleichterung! Ich wünsche Ihnen also einen angenehmen Leseabend, Miss!«

Ich blickte verwirrt auf. Wollte er mich nicht um ein Rendezvous bitten? Sollte ich den ersten Schritt machen? Nein, dachte ich sofort, das war gegen meine Prinzipien. Na ja, vor allem gegen Cassandras Prinzipien. Allerdings musste sie nur mit den Fingern schnippen und schon lagen ihr die Jungs zu Füßen; außerdem kannte sie diesen Mann nicht.

»Nennen Sie mich Sydney.«

»Sehr erfreut, Sydney. Richard, zu Ihren Diensten.«

Er streckte mir seine warme, weiche Hand entgegen. Anstatt meine Hand zu schütteln, überraschte er mich mit einem romantischen Handkuss.

»Bis bald, vielleicht ...«, fügte er hinzu und ging.

Als ich allein im Schein der Straßenlaterne stand, fühlte ich plötzlich eine große Leere in mir. Ich brauchte einen Moment, um mich zu sammeln und den Weg nach Hause zu finden. Zu Hause angekommen, stürzte ich mich in die Lektüre von Anna Karenina. Graf Wronski hatte Richards Züge und seine Präsenz war auf jeder Seite zu spüren.

Mein Märchenprinz kam am nächsten Tag zurück, dann am übernächsten und in den Tagen danach. Ich war erobert.

Erst zwei Monate später durfte Cassandra von meinen Liebschaften erfahren. Die sechs Wochen, die sie in Südafrika bei den Dreharbeiten zu einem Horrorfilm verbracht hatte, waren mir wie eine Ewigkeit vorgekommen.

Als sie strahlend und voller Leben in meine Wohnung kam, dachte ich unvermittelt, dass die Sonne aufging. Ihre goldene Haut stand im Kontrast zu ihren blonden Locken und dem makellosen Weiß ihres Outfits. Mit meinen braunen Haaren, meinem blassen Teint und meinem dunklen Kleid sah ich aus wie ihr Negativ. Nachdem wir uns umarmt hatten, rief sie aus:

»Du bist verändert. Lass dich ansehen!«

Sie ging um mich herum und musterte mich von Kopf bis Fuß.

»Du hast deine hässlichen schwarzen Leggings aufgegeben, sehr gut! Du musst deine Beine zeigen, sie sind es wert. Und du hast dich geschminkt. All diese Kosten für Herrn ›Unwiderstehlich‹?«

»Er drängt mich dazu, ›meine Schönheit zu sublimieren›.«

»Eine ausgezeichnete Initiative. Aber Vorsicht, ich möchte meine alte Sydney nicht verlieren. Und jetzt will ich alles wissen.«

»Ich lebe in einem Märchen. Richard ist lustig, charmant und zuvorkommend. Er gibt mir das Gefühl, die einzige Frau auf der Welt zu sein.«

»Wie war eure erste Nacht?«

»Also wirklich, Cassandra!«

»Was denn? Habe ich dir nicht von meinen erzählt?«

Der Punkt ging an sie. Ich hatte meine Sexualerziehung den Erzählungen ihrer Liebesspiele mit fünf ›Süßen‹, zwei ›zum Anbeißen‹, vier ›Unwiderstehlichen‹ und einer ›Atombombe‹ zu verdanken.

»Na ja, unsere erste Nacht war ziemlich merkwürdig ...«

»Ist er schwul?«, unterbrach sie mich. »Deshalb ist dein Richard perfekt!«

»Weit gefehlt! Dennoch war der Abend voller Überraschungen.«

In diesem Moment sprang Mäxchen auf Cassandras Schoß und schmiegte sich an sie.

»Mein süßer Liebling!«, rief sie und küsste ihn auf die Nase. Wie findest du den Traumprinzen deines Frauchens?«

Sie streichelte ihn und er begann zu schnurren.

»Mäxchen spielte übrigens eine wichtige Rolle in der Geschichte.«

Cassandra drückte den Kater an sich, kuschelte sich auf dem Sofa zusammen und sah mich erwartungsvoll an.

»Eines Abends tauchte Richard unerwartet auf. Es war das erste Mal, dass er zu mir nach Hause kam. Er brachte guten Wein, Hummer und Blumen mit, um unseren ersten gemeinsamen Monat zu feiern. Wie süß! Aber als wir in die Wohnung kamen, bekam er einen Niesanfall: Tierhaarallergie. Ich habe Mäxchen vor die Tür gesetzt, aber der arme Richard bekam immer noch schwer Luft. Dann fingen seine Augen an zu tränen und seine Nase lief.«

»Das war bestimmt kein schöner Anblick!«

»Nein, in der Tat! Aber er hat wohl zu viel Antihistaminika genommen, denn nach fünf Minuten gähnte er unaufhörlich. Nach dem Abendessen schlug ich vor, dass er sich in meinem Zimmer hinlegen sollte. Er stimmte zu, unter der Bedingung, dass ich mitkomme.«

Cassandra hielt dem Kater hastig die Ohren zu und flüsterte:

»Hör nicht hin, Mieze, jetzt wird es heiß!«

Ich amüsierte mich über ihren Gesichtsausdruck und fuhr fort:

»Aus Spaß wettete ich hundert Dollar, dass er sofort einschlafen würde. ›Die Wette nehme ich an‹, antwortete er, ›und wenn ich gewinne, mache ich mit dir, was ich will!‹«

»Mister Unwiderstehlich spielt nicht um kleine Einsätze!«

»Als ich aus dem Badezimmer zurückkam, fand ich ihn schlafend vor. Er lag da mit nacktem Oberkörper. Ich setzte mich neben ihn und streichelte seine muskulöse Brust. Seine Haut war so weich! Ich hatte gerade hundert Dollar eingesackt, aber ich glaube, ich hätte lieber verloren.«

»Und was passierte danach?!«

»Am nächsten Tag wurde ich von einem schrillen Geräusch geweckt. Richard klingelte an der Tür, die Arme voller Einkäufe. Er behauptete, meine Schränke seien leer wie der interstellare Weltraum und hatte den Lebensmittelladen geplündert.«

»Dieser Mann ist Superman!«

Ich hatte mir schon gedacht, dass Cassandra und ich uns mit dieser Geschichte gut amüsieren würden, und ich wurde nicht enttäuscht.

»In dem Moment, sah ich, dass es schon nach 11 Uhr war und ich das Seminar in internationaler Politik verpasst hatte. Ich zog mich hastig an, aber Richard verkündete mir, dass er den Dekan der Universität - einen Freund, mit dem er Golf spielt - angerufen hatte, um ihm mitzuteilen, dass es mir nicht gut ging. Dieser hatte ihm geraten, mich im Warmen zu lassen. Er hat sogar hinzugefügt, dass er den Dozenten bitten würde, mir seine Kursunterlagen zu schicken.«

»Das gibt’s doch nicht! Dein Richard ist göttlich!«

»Vielleicht, aber mir hat seine Initiative nicht gefallen; ich will nicht durch meine Prüfungen fallen!«

»Ich meine, Sydney, du wirst doch nicht wegen eines verpassten Seminars weinen, wenn du auf so ein besonderes Exemplar Mann gestoßen bist!«

»Trotzdem!«, maulte ich. »Da ich genervt war, wollte ich jetzt meinen Wettgewinn von ihm. Richard verzog das Gesicht, weil er gedacht hatte, ich hätte es vergessen. Hundert Dollar vergisst man nicht so leicht! Anstatt mir meinen Gewinn zu geben, behauptete er, dass er für die dreißig Minuten, die ich im Badezimmer verbracht hatte, einen kleinen Rabatt bekommen sollte. Da rief ich aus: ›Woher willst du wissen, dass ich eine halbe Stunde dort war? Du bist doch sofort eingeschlafen!‹ Geheimnisvoll sagte er: ›Ich hatte immerhin Zeit, deine zarten Hände auf meiner Haut zu spüren ... ‹«.

»WAS?! Er hat nur so getan, als würde er schlafen?«

Ich nickte mit dem Kopf.

»Es war mir furchtbar peinlich, das kannst du dir vorstellen! Er fing an zu lachen. Und dann gestand er mir, dass er heute Morgen auch auf Entdeckungstour gegangen war.«

»NEIN!, schrie Cassandra. Hat er dich begrapscht, während du geschlafen hast?!«

»Genau das habe ich ihm auch gesagt. Er antwortete: ›Ich grapsche nicht, Madame, ich streichle, ich berühre, ich taste! Deine Haut ist exquisit, so weich wie Seide‹. Auf meine Entgeisterung hin hat er klargestellt, dass er sich mit den freiliegenden Stellen begnügt habe.«

»Unglaublich! Und du kannst dich an nichts erinnern?«

»Nein, aber daran, was danach kam …« 

»Was?«

»Wir haben unsere gegenseitige Erkundung abgeschlossen.«

»Und?

»Ganz klar eine Atombombe!«

»NA ENDLICH!«

Ihr Schrei erschreckte Mäxchen, der unter ein Möbelstück flüchtete. Cassandra nahm mich in den Arm.

»Du scheinst das große Los gezogen zu haben, meine Schöne. Du hast es wirklich verdient. Allerdings, ein Märchenprinz, der keine Fehler hat ... Ist das nicht ein wenig verdächtig?«

»Spielverderberin! Er ist ziemlich autoritär, was ich hypersexy finde. Und er mag meinen Humor nicht besonders. Wenn ich einen Witz mache oder schlagfertig antworte, guckt er ein bisschen verkrampft.«

»Das ist kein Fehler«, sagte Cassandra, »im Gegenteil! Es bedeutet, dass er einen guten Geschmack hat.«

Ich streckte ihr die Zunge raus und wurde dann wieder ernst.

»Ich schwebe auf Wolke sieben: Wir teilen die gleichen Werte, die gleichen Prinzipien, den gleichen Geschmack. Ich habe das Gefühl, meinen Seelenverwandten gefunden zu haben.«

3.

 

Als sich die Tür des Busses öffnet, schrecke ich aus meinen Erinnerungen auf. »Baltimore, zwanzig Minuten Aufenthalt«, sagt der Fahrer. Wir sind vier Stunden gefahren und ich habe es kaum mitbekommen.

Ich nutze die Gelegenheit, um mir die Beine zu vertreten und zur Toilette zu gehen. Vor der Tür hat sich bereits eine Schlange gebildet. Während ich warte, werfe ich einen Blick in den Spiegel. Ich hatte fast vergessen, dass ich wie eine alte Frau aussehe. Ich habe das Gefühl, meine Großmutter zu sehen!

»Es ist frei!«, spricht mich plötzlich das junge Mädchen an, das hinter mir wartet.

Ich komme wieder zu mir und eile ins Innere der Kabine, um meine Perücke zu richten und mein Make-up leicht zu korrigieren. Dank der Klimaanlage im Bus hat es gut gehalten.

Anschließend gehe ich zu meinem Platz zurück und hoffe, dass der neben mir leer bleibt. Der Bus füllt sich allmählich. Kurz bevor sich die Türen schließen, klettert eine Frau mittleren Alters in den Bus, lässt sich neben mir nieder und flüstert atemlos:

»Lorena Stewart. Ich fahre nach Richmond!«

Ich möchte meine Identität nicht preisgeben und lächelte nur. Ihr enttäuschter Gesichtsausdruck bestätigt mir, dass sie nach einer geselligeren Reisebegleitung gesucht hat, aber ich bin lieber allein. Meine Erinnerungen und Gedanken begleiten mich.

Gestern habe ich meine Großmutter besucht. Sie spielte mit drei Mitbewohnerinnen Scrabble. Der Freudenschrei, den sie ausstieß, als sie mich sah, ließ das halbe Altersheim aufschrecken. Als ich mich neben sie setzte, machte sie ein geheimnisvolles Gesicht, um mir das Wort zu zeigen, das sie gefunden hatte. Sie war so stolz, dass ich ihr gratulierte, ohne ihr zu sagen, dass „Zobguld“ vielleicht ein wenig Verwunderung hervorrufen würde. Und das war eine Untertreibung.

Als sie ihre Buchstaben auf das Spielbrett legte, protestierten ihre Gegenspielerinnen laut. Grandma fing an zu weinen. Voller Selbstbewusstsein erklärte ich, dass es sich um ein sehr häufig gebrauchtes Wort aus dem Herrn der Ringe handelte. Zuerst waren die alten Damen skeptisch, akzeptierten das Wort aber schließlich widerwillig und murmelten nur noch, dass sie gegen Schmuckexperten wohl keine Chance hätten.

Nach dem Scrabblespiel ging Grandma mit mir in den Park. Sie wusste nicht mehr, wie die Tulpen hießen, obwohl sie ihre Lieblingsblumen waren. Während des Spaziergangs erzählte ich ihr von meinem Umzug. Ihre Augen verschleierten sich vor Traurigkeit. Mein Herz rutschte mir in die Hose.

»Ich werde versuchen, bald wiederzukommen«, versprach ich ihr.

Das war eine Lüge ... Meine Skrupel verflogen jedoch, als ich sah, wie sich ihr Gesicht aufhellte.

»Übrigens«, fügte sie hinzu, »das letzte Mal, als du hier warst, du hast mir von einem netten Jungen erzählt.«

Wie konnte sie sich daran erinnern?!

»Seid ihr immer noch ineinander verliebt?«  

»Es geht auf und ab ...«

»Die Liebe lässt einen nicht unversehrt.«

Verblüfft von diesem Geistesblitz drückte ich sie lange an mich und war gerührt, als ich ihren zerbrechlichen Körper spürte. Dann verließ ich sie, ohne zu wissen, ob ich sie jemals wiedersehen würde.

Mir steigen Tränen in die Augen.

»Geht es Ihnen gut?«, fragt mich meine Nachbarin.

Ihre Fürsorge rührt und ärgert mich zugleich.

»Es ist nichts, nur eine Allergie.«  

»Das kenne ich auch! Ich muss nur Karotten essen und schon bekomme ich am ganzen Körper Pickel!«

Ich nicke ihr höflich zu. Sie ist gerade dabei, ihre Pusteln zu beschreiben, bemerkt meinen Mangel an Begeisterung nicht und geht fröhlich zu den Furunkeln über. Um sie nicht mehr zu hören, schwelge ich in Erinnerungen.

Ich habe Richard nie von meiner Großmutter erzählt. Ich glaube, ich habe mich geschämt. Er stammt aus einer reichen Familie von der Ostküste, wohnt in einer Art Schloss auf der Fifth Avenue und hat hochrangige Beziehungen. Ich hingegen bin von all dem Lichtjahre entfernt. Ich erzählte ihm nur Bruchstücke von meiner kaputten Familie. Er zeigte sich verständnisvoll.

Ich habe ihm nicht gestanden, dass mein Vater, ein gewalttätiger Alkoholiker, meine Mutter und mich so ängstigte, dass wir uns möglichst unsichtbar gemacht und unser Leben auf »Pause« gestellt hatten. Ich habe ihm nicht erzählt, dass er an meinem elften Geburtstag von einem Auto angefahren wurde und dass meine Mutter sich am Tag nach seiner Beerdigung aus dem Staub gemacht und mich in der Obhut von Grandma zurückgelassen hatte.

Lorena schwärmt weiter und geht nun zum Thema »Pilzinfektionen« über. Hilfe!

»Haben Sie Ihr Picknick dabei?«, fragte ich sie unvermittelt und drücke die Daumen, dass meine Ablenkungstechnik funktioniert.

»Ja!«, antwortet sie fröhlich und freut sich, endlich eine Gesprächspartnerin zu haben, die diesen Namen verdient. »Vom vielen Reden bekommt man ja auch Hunger!«

Nein, wirklich? Auf jeden Fall gibt sie die Beschreibung ihrer Wehwehchen auf und holt ein in Alufolie eingewickeltes Sandwich hervor, das stark nach Leberwurst riecht. Ich hätte sie vielleicht doch über ihre Infektionen reden lassen sollen ...

In der Tasche, die mir Cassandra vor meiner Abreise gegeben hat, entdecke ich ein Lunchpaket mit einem Salat aus Quinoa, Tofu und nicht identifizierbaren Zutaten, sowie zum Nachtisch geschälte und entkernte Apfelspalten. Unter dem Deckel befindet sich ein gefaltetes Blatt.

 

»Meine Süße,

Du hast eine weise Entscheidung getroffen, auch wenn sie schwierig ist. Diese Situation wird nicht ewig andauern. Ich bin sicher, dass du sie mit dem dir eigenen Mut überstehen wirst. Mach dir keine Sorgen um deine Großmutter, ich werde mich gut um sie kümmern. Bald werden wir wieder zusammen sein. Gute Reise!

Ich küsse dich von ganzem Herzen, Cassandra«.

 

Ich bin wieder zu Tränen gerührt.

»Sie sollten zum Arzt gehen«, rät mir Lorena, die den Mund voller Leberwurst hat.

Nachdem wir über eine Stunde im strömenden Regen gefahren sind, kommen wir gegen 22:30 Uhr in Richmond an. Der nasse Asphalt glänzt im Licht der Straßenlaternen und der Geruch von Gras und Benzin, der uns entgegenschlägt, verdrängt vorteilhaft den Geruch von Wurstwaren.

Da sie es eilig hat, ihre Tochter und ihre Enkelkinder zu sehen, steigt Lorena als Erste aus. Sie wirft mir noch schnell »Gute Reise!« zu und verschwindet, bevor ich antworten kann. Wir haben ein dreiviertel Stunde Aufenthalt, das ist mehr als genug für das, was ich vorhabe. Ich schleppe meinen Koffer hinter mir her und lasse mich in einer ruhigen Ecke des Busbahnhofs nieder. Die Passagiere verteilen sich schnell und bald ist niemand mehr in der Halle.

Ich schleiche mich in eine Toilette, schließe die Tür ab und hole die Utensilien heraus, die mir Cassandra anvertraut hat. Die Operation »Verjüngung« kann beginnen! Als Erstes nehme ich meine Perücke ab. Was für eine Erleichterung, die frische Luft an meinem Kopf zu spüren! Nachdem ich mein Haar kräftig gebürstet habe, mache ich mich an das Make-up. Ich brauche eine ganze Packung Wattepads, um die dicke Schminke von meiner Haut zu entfernen. Eine Falte nach der anderen verschwindet wie von Zauberhand.

Eine Viertelstunde später sehe ich endlich wieder aus wie eine junge Frau. Ich winde mich aus dem Tweedrock, den Strümpfen und der geblümten Bluse und schlüpfe in eine Jeans, ein T-Shirt und eine Lederjacke. Zum Abschluss meiner Verwandlung setze ich eine Brille auf, die mir ein ernsthaftes Aussehen verleiht.

Ich steige wieder in den Bus und bin etwas besorgt. Zum Glück beachtet mich niemand. Ich setze mich erleichtert hin. Kurz nach Mitternacht fahren wir weiter. Der Fahrer dimmt das Licht und nach einer halben Stunde hört man lautes Schnarchen. Trotz meiner Müdigkeit fällt es mir schwer, bei diesem Lärm zu schlafen.

Eine tiefe Stimme lässt mich aufschrecken.

»Madam«, verkündet der Fahrer, »es ist 6:30 Uhr, wir sind in Charlotte angekommen, Sie müssen aussteigen.«

Und ich dachte, ich könnte kein Auge schließen, aber ich bin eingenickt, ohne es zu merken! Ich danke ihm. Während er wieder nach vorne geht, packe ich hastig meine Sachen zusammen und steige aus. Nachdem ich meinen Koffer geholt habe, gehe ich in die Halle des Busbahnhofs.

Die Sonne geht an einem wolkenlosen Himmel auf; das verspricht einen schönen Tag, auch wenn ich ihn nicht genießen werde: Ich habe noch über fünf Stunden Fahrt vor mir. Ich habe mich wegen der günstigen Preise und der Möglichkeit, inkognito zu reisen, für den Bus entschieden, aber dieses Transportmittel hat einen großen Nachteil: Ich bin ganz steif.

Vollbepackt mit meinen Taschen schleppe ich mich bis zum Bahnhofsrestaurant und stolpere, als ich die Eingangstür öffne. Meine Sachen fallen auf den Boden. Das hatte mir gerade noch gefehlt! Ein junger Mann will mir helfen, sie aufzuheben, aber ich weigere mich. Beleidigt entfernt er sich und wirft mir einen finsteren Blick zu.

Nach einem kargen Frühstück steige ich in einen neuen Bus. Auf dem Weg zu meinem Sitzplatz komme ich an einem kleinen Jungen vorbei, der sich einen verführerisch duftenden Bagel schmecken lässt. Leider kann ich mir keine Extras leisten, da ich mein Budget sehr knapp kalkuliert habe.

Mit dem Studienkredit, den ich aufgenommen habe, kann ich die Uni und meine Unterkunft, eine Einzimmerwohnung mit niedriger Miete, finanzieren. Für die restlichen Kosten muss ich einen Job finden. Ich träume davon, in einer Redaktion zu arbeiten, aber ich werde mich mit dem zufriedengeben, was ich in den Anzeigen finde, die ich bereits ausgewählt habe.

Auf jeden Fall werde ich keine großen Ausgaben haben. Mit Lebensmitteln werde ich mich nicht ruinieren, ich esse wie ein Vögelchen. Sport wird mich auch nicht viel kosten: Ich werde joggen, eine gesunde, leicht zugängliche und völlig kostenlose Aktivität.

Dank der Bibliotheken wird mein Budget für »Lesen« und »Lernen« auf ein Minimum reduziert sein. Die einzige harte Nuss sind die Kommunikationsmittel. Auch wenn ich kein Telefon mehr brauche, ist ein Internet-Abo für mich unverzichtbar. Ich habe es in meinen Prognosen berücksichtigt. Hoffentlich habe ich mich nicht geirrt!

Kurz vor Mittag erreichen wir unser Ziel.

 

4.

 

Zur gleichen Zeit, tausendzweihundert Kilometer entfernt, tippt Richard nervös auf dem Lenkrad seines Porsche herum. Als sich das Tor endlich öffnet, gibt er Gas und der Wagen macht einen Satz nach vorn. Ohne Rücksicht auf die Geschwindigkeitsbegrenzung rast er zu seinem Parkplatz und parkt.

Seit die Verhandlungen mit den Argentiniern gescheitert sind, ist er wütend. Sechs Monate Arbeit wurden zunichte gemacht! Er schnappt sich seinen Koffer und macht sich auf den Weg zum Fahrstuhl. Das Wochenende mit Sydney in den Hamptons wird ihm helfen, auf andere Gedanken zu kommen.

»Schatz?«, ruft er und öffnet die Tür.

Keine Antwort. Wo ist sie? Die Abfahrt ist um 13 Uhr geplant!

Genervt legt er seine Jacke auf der Rückenlehne des Sofas ab. Die herrliche Aussicht von seinem Wohnzimmer auf die Stadt reicht nicht, um seine Stimmung aufzuhellen. Nachdem er sich einen Whisky eingeschenkt hat, geht er durch die Wohnung. Seine Verlobte ist nirgends zu finden. Er holt sein Smartphone hervor, überprüft, ob sie ihm eine Nachricht geschickt hat, und ruft sie an. Eine Tonbandstimme teilt ihm mit, dass die gewünschte Nummer nicht mehr vergeben ist.

Richard wundert sich und fährt quer durch die Stadt bis zu ihrer Wohnung. Es wird einfacher sein, wenn sie bei ihm wohnt! Er drückt mehrmals auf die Klingel. Ohne Erfolg.

Die Nachbarin, die den Lärm gehört hat, steckt ihre Nase durch die Tür.

Richard schenkt ihr ein charmantes Lächeln.

»Guten Tag! Ich suche Sydney O'Brian.«

»Ich erkenne Sie«, antwortet sie mit zitternder Stimme, »Sie sind ihr Freund, der auf Mäxchen allergisch war. Der arme Kater ... Das letzte Mal habe ich sie gestern Vormittag gesehen, sie schleppte einen Koffer.«

»Hat sie ihr Reiseziel erwähnt?«

»Sie sagte, dass sie mit ihrem Verlobten ein Wochenende wegfahren würde. Aber anscheinend hat sie sich auf dem Weg verlaufen. Schönen Tag noch!«, schließt sie schelmisch und knallt ihm die Tür vor der Nase zu.

Richard wird ärgerlich. Wo kann sie nur sein?

Plötzlich ertönt ein Klingelton. »Endlich!«, ruft er und holt sein Handy hervor. Doch er hat sich geirrt.(...)

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Adriana Kritter - Alle Rechte vorbehalten

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